Linie und Fragment
Schon beim ersten flüchtigen Blick auf die Bilder fällt deren konsequente formale Gestaltung ins Auge. Schwarze Flächen auf weißem Grund genügen, um ein hohes Maß an Präsenz und ästhetischer Reife vorzustellen. Die schwarzen Felder sind klar voneinander getrennt, die Oberflächen perfekt und glatt gemalt.
Zwei unterschiedliche Ansätze lassen sich unterscheiden: Linie und Fragment. Im ersten Fall werden die schwarzen Flächen von deutlichen Linien konturiert. Eine Bildfigur nimmt den gesamten Bildraum ein. Es kommt zu einer Gegenüberstellung von Bildfigur und Betrachter. Intuitiv versucht man die Bildfigur zu erkennen. Man versucht ihre Pose nachzuvollziehen und ihre Aktion auf der Leinwand zu verstehen.
Oftmals treten dabei Brüche innerhalb der Figuren zu Tage. Die differenzierenden Linien scheinen keinen natürlichen Maßstäben mehr zu unterliegen. Oder die Bildfiguren nehmen ihre Gestaltung sogar selbst in die Hand und ziehen sich in einer emanzipatorischen Geste gleichsam selber in Form.
Im zweiten Fall kommt es zu einer zunehmenden Fragmentierung von einer oder auch mehreren Bildfiguren. Die Figuren und die Konstellationen, in denen sie sich befinden, zerfallen formal in unterschiedlichen Schweregraden. Wie ein Steinbruch stehen die Gemälde vor dem Betrachter. Zunehmend gerät man in Schwierigkeiten, sinnvolle Beziehungen zwischen den schwarzen Fragmenten zu knüpfen. Bisweilen wird die Erkennbarkeit zumindest partiell bis an eine unüberwindliche Grenze getrieben.
Ständig befindet man sich in einer Suchbewegung, um den Bildgegenstand zu erfassen. Vor dem Hintergrund der eindringlichen formalen Gestaltung der Gemälde wird genau dies zu deren Anliegen: Der Rekurs auf die im Menschen ablaufenden Prozesse, der Suche nach Zusammenhängen. Das Bestreben, Orientierung zu erlangen und das Gegebene in eine sinnvolle Beziehung zueinander zu bringen. Kurz: die Notwendigkeit des Menschen, Erkenntnis über die Welt zu erlangen.